Anton Reicha, auch bekannt als Antonin Rejcha, wurde am 26. Februar 1770 in Prag geboren und verstarb am 28. Mai 1836 in Paris. Sein Vater, ein Bäcker, verstarb, als Anton noch nicht einmal ein Jahr alt war. Im Jahr 1781, im Alter von 11 Jahren, ging der Junge nach Wallerstein zu seinem Onkel Joseph Reicha. Dieser, obwohl selbst kinderlos verheiratet, nahm seinen Neffen wie sein eigenes Kind auf.
Bei ihm erwarb sich Anton, der bisher nur Tschechisch konnte, eine allgemeine Bildung, lernte Deutsch, Französisch und stud. mit Eifer Flöte, Violine und Klavier. Wieweit ihn der Onkel unterrichtete, ist unbekannt. Mit ihm zusammen trat Anton in die Kapelle des Kurfürsten Maximilian von Köln in Bonn ein. 1790 wird er hier als Geiger, im Kölner Nationaltheater als Flötist erwähnt. In der Kapelle befreundete er sich mit Beethoven. In der Kapelle lernte Reicha Werke der Mannheimer Schule und der Wiener Klassik, vor allem aber französische Opern kennen. hier wuchs auch seine Vorliebe für Blasinstrumente. 1790 machte sich Reicha mit Joseph Haydn bekannt, der auf seiner ersten Reise nach London Bonn berührte. Da die Kapelle nach dem Ausbruch der französische Revolution aufgelöst wurde, verließ Antonín Reicha seinen Onkel Joseph und ging 1794 nach Hamburg. Hier unterrichtete er privat. 1799 übersiedelte Reicha nach Paris. Das blühende Musikleben und die liberalen Verhältnisse der französische Hauptstadt übten eine starke Anziehungskraft auf ihn aus. Er verließ die Stadt im Winter 1801/02 und ging nach Wien. Von Haydn freundlich empfangen, ergänzte er hier bei ihm, ferner bei Albrechtsberger und Salieri seine kompositorische Ausbildung. Außerdem nahm er seine freundschaftlichen Beziehungen zu Beethoven wieder auf. Das glänzende Angebot des Kapellmeister-Amtes beim Prinzen Louis Ferdinand von Preußen lehnte Reicha ab. Als Kompositions-Lehrer erfreute er sich weitester Anerkennung. Im Okt. 1808 übersiedelte er definitiv nach Paris, doch fanden seine Opern, aller Bemühungen ungeachtet, nur geringes Echo. Dagegen hatten die instrumentalen Werke, vor allem die Bläserquintette, dauerhaften Erfolg, und als Lehrer erreichte er hohes Ansehen. Am Pariser Conservatoire wurde für ihn eine Professur errichtet, die er am 1. Jan. 1818 antrat. Zusammen mit Cherubini, Paër, Lesueur, Berton, Boieldieu war er Mitglied des Comité d'enseignement. Außer seinen Kompositionen gelangten auch seine theoretischen Schriften zum Druck. 1819 heiratete Reicha eine Französin, 1829 nahm er die französische Staatsbürgerschaft an. Für seine Verdienste um die Musik wurde er 1831 Ritter der Ehrenlegion und am 23. März 1835 als Nachf. Boieldieus Mitgl. des Institut de France. Bald danach erkrankte er und starb. - Zu seinen Schülern gehörten Adam, Onslow, Liszt, Berlioz, Dancla, G. Franck, J. G. Kastner u. a..
6 Quintette Op.100 für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott
Die 6 Quintette op.100 erschien erstmals 1820 beim Paris Verlag Zetter im Druck, 1824 übernahm der Verlag Schott die Druckplatten und veröffentlichte diese Quintette in seinem Verlag. Diese Ausgabe der Drucke bildet die Vorlage für die Neuveröffentlichung. Gewidmet sind diese 6 Quintette von Reicha son ami J. C. Bonjour . Aufgeführt wurden die Quintette Reichas von den Pariser Musikern
Joseph Guillou (1787-1853)
Flöte
Gustave Vogt 1781-1870)
Oboe
Jacques-Jules Bouffil (1783-1868)
Klarinette
Louis-François Dauprat (1781-1868)
Horn
Monsieur Henry
Fagott
Reichas Vorwort in der Erstausgabe der Quintette
Schon lange haben die Saiten -Instrumente das ausschliessliche Privilegium in den musikalischen Unterhaltungen die Aufmerksamkeit zu fesseln . Muss man nicht bedauern das die Blas-Instrumente welche sich der Menschenstimme am meisten nähern, davon gleichsam ausgeschlossen sind? Man machte Diesen den Vorwurf, dass man für sie keine Musik habe, welche durch gute Composition sowohl, als durch die Ausführung sich empfehle. Die Fortschritte der Instrumente sind mehr das Werk der Componisten als der Spieler, die Meisterwerke von Haydn und Mozart, deren Ausführung anfangs so schwer war, haben seitdem den Saiten-Instrumenten das Uebergewicht errungen. Wir wollen den Liebhabern, für welche sie geschrieben worden, Gerechtigkeit widerfahren lassen; sie liessen sich nicht abschrecken und ernten jetzt die Frucht ihrer Bemühungen und ihrer Ausdauer. Auf dem nämlichen Wege werden wir dasselbe Ziel erreichen. Um diese Quintetten gut zu spielen, muss man seine Stimme sorgfältig studieren, sich öfters zusammen üben, um den Geist des Componisten zu fassen. Musik, welche durch übereinstimmenden Vortrag gefallen soll, hat immer einige Schwierigkeiten, welche anfangs abschrecken, aber leicht zu besiegen sind. Die Forle, Mezzo Forte etc. und vor allem die Piano müssen streng beobachtet werden. Man muss die Stimme, welche den Gesang hat, vorherrschen lassen und sie ja nicht decken. Um diesen Grad von Vollkommenheit zu erlangen, muss man sich bestreben die angezeigten Schattierungen auszudrucken, ohne welche alle Musik ihr Interesse verliert. Durch sorgfaltige Beobachtung des Gesagten wird man im Stande seyn diese Quintetten gehörig vorzutragen. Dieses war auch unser Streben . Folgen die Lehrer und Liebhaber der Blas-Instrumente unserm Beispiel, so werden sie dem Verfasser Muth machen ihre Sammlungen zu bereichern. Durch Beharrlichkeit werden sie den Widerwillen besiegen, welcher die Componisten abhalten diesem Felde zu arbeiten, eine Nacheifernng mit den Saiten-Instrumenten bewirken und einen Vorrang aufheben, dessen Hauptursache wir angezeigt haben .
Nr.5 a-moll
Die Original in C notierte Klarinette wird in der Neuausgabe zusätzlich in einer B-Stimme mit angeboten, ebenso das Horn in D (original) mit einer extra Stimme in F